Freitag, 6. Mai 2011

Was ich über „Die Armee des Imam“ denke

Şahin AlpayBei Gesprächen mit EU-Abgeordneten, während meinem Aufenthalt in Brüssel, wurden mir immer Fragen bezüglich der Fethullah Gülen Bewegung gestellt.

Was denken Sie über die Behauptung, die Gülen-Bewegung besetzt Machtpositionen im Staats- und Sicherheitsapparat in der Türkei? Ist der Ergenekon-Prozess, ein Prozess, der von Anhängern Gülens heraufbeschwört wurde, um die Opposition gegen die AKP-Regierung pejorativ aussehen zu lassen? Wurde der Journalist Ahmet Sik deshalb verhaftet und die Publikation des Buches verboten, weil er die angebliche Unterwanderung des Staates in seinem Buch „Die Armee des Imam“ aufgedeckt hatte? Meine Antworten auf diese Fragen möchte ich nun auch den Lesern präsentieren.

Seit mehr als acht Jahren schreibe ich für die Tageszeitung Zaman, dass von der Gülen-Bewegung unterstützt wird. Es war nie meine Art meine Gedanken zu verschleiern, so brachte ich im Jahre 1995 in der Milliyet Zeitung mit dem Artikel „Respekt gegenüber Gülen“ meine Gedanken zum ersten Mal zum Ausdruck. Bisher hat sich daran nichts geändert, dieser Gedanke wurde sogar immer verstärkt.

Die Islamophobie findet vielleicht nicht allzu großen Einzug in den Alltag der Türkei, sie ist aber sehr stark in einigen Bereichen vertreten. Seit der Gründung der Türkischen Republik, war die Ansicht der militärischen und bürokratischen Elite immer unverändert: Der Islam muss unter Staatskontrolle gehalten, die Religionsfreiheit muss eingeschränkt und religiöse Bewegungen müssen unterdrückt werden. Andernfalls wird in der Türkei kein Unterschied zu Saudi Arabien oder Iran erkennbar sein. Deshalb sind Orden seit 1925 verboten und die alawitische Religionsgemeinschaft ist offiziell nicht anerkannt, da Religionsgemeinschaften nicht als Rechtspersonen wirken dürfen. Und das alles, obwohl die Türkei aus einer größtenteils religiösen Bevölkerung besteht. Trotz der Verbote und Einschränkungen konnten die Orden und weitere religiöse Gemeinschaften mit der Modernisierung Schritt halten und überleben. Daraus resultierend ist die Ausbreitung der Gülen-Bewegung, die einen religiösen Ansatzpunkt pflegt, ein Dorn im Auge der islamfeindlichen Elite.
Die wissenschaftlich retardierende Denkweise in der Türkei führt zu Verschwörungstheorien und somit wird jedes Ereignis mit einer mächtigen Kraft zusammengebracht. Diese Kraft kann als Imperialismus, als Kommunismus, als Zionismus, usw. zum Vorschein kommen. Die heutige Türkei leidet unter dem Übergang von der militärisch-bürokratisch bevormundeten Demokratie zur Demokratie der europäischen Norm. Die Gesellschaft steht dabei mittendrin zwischen beiden Fronten. Die eine Fronte beschuldigt bei jedem Ereignis die Ergenekon-Organisation, die Andere hingegen versucht die Gülen Bewegung in die Verantwortung zu ziehen.

Gülen unterstützt die Modernisierung bzw. die Demokratie, den Säkularismus im Sinne der Religionsfreiheit, die Grundrechte und beachtet zugleich unterschiedliche Überzeugungen und Lebensweisen. Er setzt auf eine wirtschaftliche Entwicklung und sieht die Religion und die Wissenschaft als sich zwei ergänzende Pfeiler. Gülen betont außerdem die geistliche und soziale Inspiration des Islam und fordert seine Anhänger auf Unternehmen, Schulen, Krankenhäuser und Hilfsorganisationen zu errichten, um der Öffentlichkeit zu dienen. Er verteidigt die Einhaltung der Gesetze und fordert Legitimität in jeder Situation. Im Modernisierungsprozess der Türkei hat ihm diese Einstellung großes Ansehen in der Gesellschaft gebracht. weil sie gewinnen Ruf. Die Positivisten und Islamgegner jedoch, konnten die positive Rolle der Religion niemals anerkennen und verbinden jeden Missstand mit der Gülen-Bewegung.

Der Ergenekon-Prozess darf niemals als ein Verfahren der Einschüchterung der Opposition angesehen werden. Natürlich gab es bei der Umsetzung widersprüchliche Ereignisse, dennoch übernimmt der Prozess eine Vorreiterrolle, da zum ersten Mal in der Geschichte der Türkei der Putschversuch gerichtlich aufgeklärt werden soll. Beamte, Staatsanwälte und Richter, die an diesem Verfahren mitwirken, können wie auch jeder andere Mensch aus der Gesellschaft, Anerkennung gegenüber Gülen pflegen. Der Vorwurf hingegen, dass diese Amtsinhaber von der Gülen-Bewegung gelenkt werden ist abwegig und dient oben schon genannten Intention.


Sahin Alpay

Quelle: de.fgulen.com

Mittwoch, 4. Mai 2011

“Das erste Mal werden Putschisten zur Rechenschaft gezogen”

Sahin AlpaySahin Alpay, türkischer Schriftsteller und Kolumnist für die Tageszeitung „Zaman“, über die zunehmende Liberalisierung der Türkei und die Bedeutung des Prozesses gegen den nationalistischen Geheimbund Ergenekon auf dem Weg der Demokratisierung des Landes.

Deutsch Türkische Nachrichten: Die Beschlagnahmung von Buch-Manuskripten wie im Falle „Die Armee des Imams“ sowie die Verhaftung zahlreicher Journalisten in der Türkei spricht nicht gerade für ein aufgeklärtes freies demokratisches Land – oder wie ist Ihre Meinung?”

Sahin Alpay: Die Türkei ist eine Art Demokratie mit bürokratischer Vormundschaft. Sie befindet sich in einer Phase des schmerzhaften Übergangs in die Demokratie der Europäischen Union. In den letzten Jahren wird viel freier über die Rolle des Militärs, das Kurdenproblem, die Armenier-Frage, die Rechte der Minderheiten und viele andere Probleme diskutiert. Jedoch gibt es im Strafrecht, in der Terrorismusbekämpfung und im Massenmediengesetz Einschränkungen bezüglich der Aussage- und Pressefreiheit. Daher werden wir in der Türkei Zeuge einer Vergrößerung der Aussagefreiheit, aber auch gleichzeitig Zeuge eines gegensätzlichen Vorgangs, der durch die Verhaftungen von Journalisten gekennzeichnet ist. Es besteht eine Notwendigkeit, die bestehenden Gesetze nach demokratischen Standards zu ändern.

Eine Demonstration gegen die Verhaftung der Journalisten Sener und Sik. Viele sehen in den Verhaftungen eine Beschneidung der Pressefreiheit.

Selbst Staatspräsident Abdullah Gül bezeichnete die Inhaftierung der Journalisten Sener und Sik als schädlich für das Ansehen der Türkei – ein taktisches Manöver oder eine zu späte Erkenntnis?

Die Verhaftungen von Nedim Sener und Ahmet Sik aufgrund ihrer Bücher, das Verbot des noch nicht veröffentlichen Buches von Sik, sind nicht kompatibel mit einem Rechtsstaat. Ich denke nicht, dass Staatspräsident Abdullah Gül diese Aussage machte, weil die Inhaftierungen dem Ansehen der Türkei schaden. Herr Gül setzt sich für die Demokratisierung in allen Bereichen ein.

Schadet das Buch “Die Armee des Imam” mehr der Gülen-Bewegung oder der AKP-Regierung oder keinem von beiden?

Ehrlich gesagt habe ich das Buch nicht gelesen, aber wie ich aus den Medien mitverfolgen konnte, handelt es sich bei „Imam’in Ordusu“ um ein Buch, welches nicht im Ganzen von Ahmet Sik verfasst wurde, sondern bei dem es unbekannte Mitverfasser gibt. In seinem Buch wiederholt er die Aussagen, dass die Ermittlungen gegen Persönlichkeiten des Militärs und Zivile der Untergrundorganisation Ergenekon reine Erfindungen der Polizei, Staatsanwaltschaft und Richter seien, die er als „Fethullahci“ bezeichnet.“ Der Vorwurf an Ergenekon lautet, die Regierung stürzen zu wollen und aus diesem Grund Waffen deponiert zu haben, Todeslisten erstellt und Verbrechen begangen. Die Intention sei, die Opposition gegenüber der Regierungspartei AKP zum Schweigen zu bringen. Ich bin auf keinen Fall derselben Meinung. In den Ermittlungen kam heraus, dass einige Praktiken dem Rechtsstaat widersprechen. Die Ergenekon-Verhandlung ist die erste in der Geschichte der Türkei, die Putschisten zur Rechenschaft zieht. Daher ist sie von großer Bedeutung und darf durch nichts beschattet werden.

Wer steckt hinter dem Verbot des Buches „Armee des Imams“? Fethullah Gülen hat die Vorwürfe gegen ihn, er sei dafür verantwortlich, zurückgewiesen. Was denken Sie?

Die Beschlagnahmung des Buches „Imam’in Ordusu“ fand auf Anweisungen des Staatsanwalts statt, da es vom Gerichtshof als „Dokument der Organisation“ eingestuft wurde.

Glauben Sie, dass Gülen die Polizei unterwandert hat und immer mehr Einfluss auf die Justiz ausübt, wie ihm manche vorwerfen?

Ohne Zweifel kann es in der Polizei, in der Staatsanwaltschaft und unter Richtern Menschen geben, die Fethullah Gülen respektieren. Aber die Behauptungen, dass diese direkt von Gülen oder von der Gülen- Bewegung Anweisungen bekommen, ist keine haltbare und logische Behauptung. Die Absicht dahinter ist die Boykottierung der Ermittlungen.

Wie sehen Sie die Rolle Erdogans in diesem Machtspiel?

In der Verhaftung von Nedim Sener und Ahmet Sik sowie der Beschlagnahmung des Buches „Imam’in Ordusu“ spielt der Ministerpräsident Erdogan keine Rolle. Jedoch trägt Erdogan und die AKP-Regierung Verantwortung, da weiterhin im Strafrecht, Terrorbekämpfung und Massenmediengesetze Regelungen bestehen, die der Aussage- und Pressefreiheit widersprechen.

Scharfe Kritiker aus dem Westen unterstellen Erdogan, er betreibe in Wirklichkeit eine Islamisierung des Staates unter dem Anschein der Demokratisierung. Wie stehen Sie zu solchen Vorwürfen?

Wie die Opposition in der Türkei, machen auch die Oppositionellen in der EU solche Behauptungen. Es gibt viele Durchführungen und Praktiken, die ich kritisiere. Jedoch bin ich der Meinung, dass die AKP-Regierung unter der Leitung von Erdogan den größten Beitrag zur Demokratisierung in der republikanischen Geschichte geleistet hat. Es besteht keine Unstimmigkeit zwischen Demokratie und Islam. Nur diejenigen Radikalen, die aus dem Islam eine autoritäre Ideologie ableiten, sind gegen die Demokratie. Mitglieder der AKP können religiös sein. Die AKP ist eine konservative Partei, vertritt jedoch in der Wirtschaft und Politik recht liberale Ansichten. Die AKP hat keinen einzigen Schritt zur Akzeptanz islamischer Regelungen anstatt laizistischer getan. Die Türkei ist eine recht religiöse Gesellschaft, aber ich denke nicht, dass sie aufgrund dieser Regierung noch religiöser geworden ist.

Sehen Sie Ansätze, dass Ergenekon möglicherweise aus dem Ruder laufen könnte? Wie sähen die Konsequenzen aus?

Ich wiederhole noch einmal: Das erste Mal in der türkischen Geschichte wird am Beispiel der Ergenekon-Ermittlungen gegen Putschisten vorgegangen. Dass dabei unnötige Verhaftungen, Verlängerungen der Verhaftungszeit und Praktiken, die im Widerspruch zum Rechtsstaat stehen, stattgefunden haben, ändert nichts an der großen Bedeutung dieser Ermittlungen auf dem Weg der Demokratisierung.

Wie beurteilen Sie die Entwicklungen bezüglich des Staatsanwalts Zekeriya Öz, der einerseits als Sonderermittler im Ergenekon-Prozess abgesetzt – und gleichzeitig zum stellvertretenden Leiter der Istanbuler Staatsanwaltschaft befördert wurde?

Diejenigen, die für Freiheit und Demokratie in der Türkei sind, schulden dem Staatsanwalt Zekeriya Öz, der sein Leben aufs Spiel setzte und die Ermittlungen bis zu diesem Zeitpunkt leitete, ein Dankeschön. Jedoch scheint es, dass der Hohe Richter- und Staatsanwälterat (Hakimler ve Savcilar Yüksek Kurulu) sich aufgrund von einigen fehlgeschlagenen Durchführungen und den Diskussionen, die schon über vier Jahre andauern, für eine Veränderung entschieden hat.

Welche Auswirkungen könnten die jüngsten Geschehnisse auf die kommenden Wahlen haben?

Wie in anderen Ländern, bestimmen auch in der Türkei in erster Hinsicht die wirtschaftlichen Fortschritte das Endergebnis der Wahlen. Die türkische Wirtschaft ist im Jahr 2010 um neun Prozent gewachsen. Unter der AKP-Regierung erhöhte sich das Einkommen einer Person in acht Jahren von 3.200 Dollar auf 10.000 Dollar. In der Einkommensverteilung gibt es Verbesserungen. Daher wird vermutet, dass die AKP bei den Wahlen am 12. Juni erfolgreich sein wird. Die öffentliche Meinung bestätigt ebenfalls diese Aussage.

Denken Sie, dass ehemals Ergenekon-Inhaftierte wie Ilhan Cihaner, die ihre Kandidatur als Abgeordnete mitgeteilt haben, in den Wahlen im Juni gewählt werden können?

Ilhan Cihaner sowie weitere drei ehemalige Ergenekon-Angeklagte wurden von der CHP als Kandidaten aufgestellt. Es scheint, dass diese auch gewählt werden. Aber wird die CHP aufgrund dieser Kandidaten an Stimmen verlieren? Vielleicht in geringem Maße, aber ich denke nicht, dass diese einen großen Einfluss haben werden.

Felix Kubach, Serpil Tirhis-Efe

de.fgulen.com

Einer der Menschen, die ich auf der Welt am meisten hasse...

Im Interview mit Nuriye Akman (23 März 2004)
 
Es scheint so, als unterhielte das al-Qaida-Netzwerk eine Zelle in der Türkei. Sie haben über die religiöse Seite dieses Themas gesprochen. Hat es auch noch andere Implikationen?

Einer der Menschen, die ich auf der Welt am meisten hasse, ist [Osama] Bin Laden, weil er das helle Erscheinungsbild des Islam getrübt und es durch ein schmutziges Bild ersetzt hat. Selbst wenn wir uns mit aller Kraft bemühen, diesen furchtbaren Schaden zu reparieren, wird es Jahre dauern.

Wir werden das Thema überall, auf unterschiedlichen Plattformen zur Sprache bringen. Wir werden Bücher darüber veröffentlichen. Wir werden sagen: „Das ist nicht der Islam. Bin Laden hat den Islam durch seine Gefühle und Wünsche ersetzt. Er ist ein Scheusal, genau wie die Leute, die sich um ihn geschart haben. Und auch all jene, die ihnen ähneln, sind nichts anderes als Scheusale.

Wir missbilligen diese Entdeckung [die Existenz terroristischer Zellen in der Türkei]. Dennoch müssen in einer Welt, die als islamisch gilt - und ich habe ja bereits gesagt, dass ich den Begriff islamische Welt nicht akzeptiere. Es gibt nur Länder, in denen Muslime leben. -, die Menschen zur Verhinderung solcher Entwicklungen ihre Probleme lösen.

Die entscheidenden Fragen werden sein, ob sie anders denken, wenn sie ihre Führer wählen, und ob sie Reformen wollen. Um das Heranwachsen kultivierter Generationen zu ermöglichen, sollten Muslime ihre Probleme lösen. Nicht nur beim Thema Terror, den Gott ganz gewiss verurteilt, sondern auch bei Drogen und Zigaretten, die Gott ebenfalls verbietet. Auch Streit und Zwietracht sollten auf dem Index stehen.
Weitere Verfehlungen sind: sich zu handgreiflichen Auseinandersetzungen hinreißen lassen, die Armut nicht zu bekämpfen, sich von anderen zur Verachtung anleiten zu lassen und ständig beleidigt zu sein.

Wie [Mehmet] Akif [Ersoy] sagte: Sklaverei, Unannehmlichkeiten aller Art, Süchte, die Akzeptanz von Dingen aus reiner Gewohnheit und Hohn und Spott sind allgegenwärtig. Sie sind Bannflüche Gottes, mit denen Gott vor allem unsere Nation belegt hat. Sie überwinden kann meiner Ansicht nach nur ein gerechter Mensch, d.h., ein Mensch Gottes.

Diese Menschen, die den Terror unterstützen, sind vor unseren Augen in muslimischen Familien aufgewachsen. Wir dachten, sie seien Muslime. Welchen Prozess haben sie durchlaufen, dass sie schließlich Terroristen geworden sind? Trifft uns nicht eine Mitschuld?


Unsere Schuld ist die Schuld eines ganzen Volkes. Sie ist die Schuld der [mangelnden] Bildung. Ein wahrer Muslim, der den Islam in all seinen Aspekten versteht, kann kein Terrorist sein. Jemand, der sich an terroristischen Aktivitäten beteiligt hat, kann kaum ein Muslim bleiben. Die Religion billigt es nicht, einen Menschen zu töten, um ein Ziel zu erreichen.

Aber natürlich stellt sich die Frage: Welche Bemühungen haben wir unternommen, um sie auf vollkommene Art und Weise großzuziehen? An welche Art von Elementen haben wir sie gebunden? Mit welcher Art von Verantwortung haben wir sie erzogen, dass wir nun von ihnen erwarten, sich nicht an terroristischen Aktivitäten zu beteiligen?

Wenn die Bindung an islamische Werte, Gottesfurcht und das Versprechen eines Lebens nach dem Tode oder das sichere Wissen, religiöse Gebote zu verletzen, nicht ausreichen, um sie von terroristischen Aktivitäten abzubringen, dann haben wir offenbar nicht das nötige Feingefühl aufgebracht. Auch jetzt gibt es einige Strategien, mit diesem Thema umzugehen. Wir bemühen uns, sie zu stoppen [ihr Leben dem Terror zu widmen].
Wir sagen, es darf nicht sein. D.h., es darf keine Frage von Kultur und Moral sein. [Die Neigung zu einem Leben als Terrorist] sollte in den Bildungsinstitutionen ausgelöscht werden. In den Schulen sollte wirklich alles, was im Leben benötigt wird, vermittelt werden. Auch Informationen zur Gesundheit sollten erteilt werden. Ein solcher Unterricht zu den Themen Leben und Alltag sollte am besten Ärzten von erteilt werden.
Auch die Beziehungen zwischen den Ehepartnern sollten auf dem Lehrplan stehen, genau wie die Kindeserziehung. Aber damit ist es noch lange nicht getan. Die Türkei und die islamische Welt haben ein Drogenproblem. Die islamische Welt leidet unter Spielsucht und Unterschlagung. In der Türkei ist fast jeder ein Dieb. Auf einige Orte, die erreicht werden sollten, konnte eingewirkt werden. Mit anderen Menschen hingegen kann man unmöglich in Verbindung treten. Sie lassen es nicht zu, dass man ihnen Fragen stellt. Man kann sie nicht zur Verantwortung ziehen. Sie halten sich im Verborgenen und sind ganz sich selbst überlassen.
Sie alle sind unter uns aufgewachsen. Sie alle sind unsere Kinder. Wie konnte es passieren, dass einige von ihnen gewalttätig geworden sind? Wie konnte es passieren, dass einige von ihnen Raufbolde wurden? Wie konnte es passieren, dass einige von ihnen gegen die menschlichen Werte rebellieren? Wie konnte es passieren, dass sich einige von ihnen in ihrem eigenen Volk als Bomben in die Luft gesprengt haben?
All diese Menschen sind unter uns aufgewachsen. D.h., bei ihrer Erziehung muss etwas schief gelaufen sein. Das System hat einige Schwächen, weist einige Punkte auf, die hinterfragt und verbessert werden müssen. Die Erziehung zum Menschen genoss wohl keine Priorität. Inzwischen sind einige Generationen verloren, zerstört und vergeudet worden.

Den unzufriedenen Jugendlichen kam die Spiritualität abhanden. Man gab ihnen einige Liras oder machte sie zu Robotern. Man setzte sie unter Drogen. Heute wird dies thematisiert. In den Zeitschriften wird darüber geschrieben. Man nahm ihnen die Fähigkeit, ihren Verstand zu gebrauchen. Unter Vortäuschung von Idealen und Zielen missbrauchte man sie als Mörder und ließ sie Menschen umbringen. Man wollte mit ihrer Hilfe bestimmte Ziele erreichen.

Ein Freund von mir, ein sehr kluger Mensch, war einmal in Israel wo er seine Doktorarbeit schrieb. Eine Zeitlang lebte er in Palästina. Er hat mir von einer sehr interessanten Begebenheit erzählt: „Ich hielt mich ich fünf oder sechs Monate in Israel auf. Dort bot man mir an, in einem Exekutivausschuss einer Friedensorganisation mitzuarbeiten. Das Angebot stammte von den Israelis. Aber ein Palästinenser hielt mich davon ab. Ich begriff, dass dieser Mann ein Waffenhändler war. Er betrieb einige Geschäfte und wollte sie auch in Zukunft betreiben. Möglicherweise verfolgen auch andere unzugängliche Kreise dasselbe Ziel." Einigen geht es also darum, Geld damit zu verdienen, dass sie solche Vorfälle schüren.
Die Menschen werden in Roboter verwandelt. Und meiner Meinung nach geschah dies auch in Istanbul. Den Tätern, die terroristische Anschläge verüben, fehlt es an religiösem Bewusstsein und regelmäßigen Kontakten zu Moscheen.

Solche Menschen besitzen ein nur unzureichendes Wissen über die Religion. Sie müssen einen Meister oder Hodscha haben, der ihnen sagt: „Dieser oder jener sollte vielleicht besser getötet werden." In der Türkei wurden viele Menschen getötet. Die eine Gruppe hat diesen umgebracht, die andere jenen. Am 12. März waren alle in einem blutigen Kampf vereint. Das Militär rückte aus und intervenierte. Am 12. September gingen die Menschen auf die Straße und waren auf Blutvergießen aus. Man tötete sich gegenseitig.
Indem sie einander töteten, versuchten einige von ihnen, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Terroristen waren sie alle - die eine wie auch die andere Seite. Aber sie gaben sich ein Etikett: Der eine sagte: „Ich tue dies im Namen des Islam." Der andere sagte: „Ich tue dies für mein Land und mein Volk." Wieder ein anderer behauptete: „Ich kämpfe gegen Kapitalismus und Ausbeutung." Doch das waren nichts als Sprüche. Auch im Koran ist von Sprüchen die Rede. Sie werden dort als Muster ohne Wert bezeichnet. Aber die Leute töteten weiter. Jeder tötete im Namen eines Ideals.

Im Namen solcher ""Ideale"" fanden viele Menschen den Tod. Jemand an der Spitze forderte: „Beseitigt jenen dort!", und so geschah es. ""Beseitigt ihn!"" - auch das war einer jener Sprüche. Möglicherweise gab es auch Anweisungen für Sie und für mich. Aber das Schicksal ließ es nicht zu. Es gab da etwas, was mir ganz klar sagte: „Auch er sollte beseitigt werden."

Alles versank im Terror. Nicht nur Muslime, sondern alle Menschen taten das Gleiche. Da jeder mitmachte, wurde das Töten salonfähig. Es wurde zu etwas, an das man sich gewöhnte. Einen Menschen zu töten ist schlimm. Einer meiner engsten Freunde brach einmal einer Schlange das Rückgrat. Er war Theologiestudent und ist heute Prediger. Ich habe einen Monat lang nicht mit ihm gesprochen. Ich fragte ihn: „Die Schlange hat das Recht, in der Natur zu leben. Welches Recht hattest du, ihr das Rückgrat zu brechen?"

Die Lage entwickelte sich so, dass wir, wenn wir hören, dass irgendwo in der Welt 10 oder 20 Menschen getötet wurden und diese Zahl nicht so hoch wie erwartet ausgefallen ist, sagen: „Zum Glück sind nicht viele Menschen gestorben." Diese Gewalt wird zunehmend akzeptiert. „Gut, dass wir durch den Tod von 20 oder 30 Menschen selbst mit dem Leben davon gekommen sind.", sagen wir. Das heißt, sie haben erreicht, dass die Gesellschaft dies akzeptiert.

Die Bildung kann solche Zustände verhindern. Auch die Regeln und Grundsätze des Staates können zur Prävention beitragen. Einige gesellschaftliche Kreise beginnen nun zu reagieren und sind gewillt, schon bei geringsten Anlässen einzuschreiten. Sie machen aus Mücken Elefanten. Auf Grund ihrer Machtposition lässt sich dies aber nicht ändern.

Sie übertreiben. Aber es gibt ein Heilmittel für diese Dinge. Es besteht darin, das Richtige zu lehren. Es muss ganz deutlich gesagt werden, dass Muslime keine Terroristen sein können. Warum das so deutlich gesagt werden muss? Wenn man eine Sünde begeht, und sei sie auch so klein wie ein Atom, wird man dafür bezahlen müssen. (Zur Untermauerung dieser These zitiert er die Koranverse 99:7-8)

Ja, das Töten eines Menschen ist eine schwer wiegende Angelegenheit. Der Koran sagt, dass das Töten eines Menschen dem Töten der ganzen Menschheit gleichzusetzen ist. Ibn Abbas sagte, dass ein Mörder für alle Ewigkeit in der Hölle bleiben wird. Das gilt auch für Ungläubige. Derjenige, der einen Menschen tötet, teilt also das Schicksal eines Ungläubigen. Dies bedeutet, dass der Mörder eines Menschen einem Atheisten und jemandem, der Gott und den Propheten nicht akzeptiert, gleichgestellt wird. Und wenn dies das Grundprinzip der Religion ist, dann sollte es durch die Erziehung vermittelt werden. Aber das geschieht nicht.

Nach dem 11. September konnte man beobachten, dass Muslime dazu neigen, Theorien ein wenig zu komplizieren. Sind es wirklich immer die ,Anderen', die Schuld haben? Ist es denn tatsächlich so, dass diese ""Anderen"" immer wollen, dass wir ,unsympathisch' erscheinen? Warum gibt es im Islam keine Kultur der Selbstkritik?


An dieser Stelle muss ich widersprechen. Der Satz „Es gibt im Islam keine Kultur der Selbstkritik" ist falsch. Es gibt sehr wohl Selbstkritik im Islam. Muslime hinterfragen alles mit Ausnahme der heiligen Botschaften.
Ich glaube auch nicht, dass andere über eine solche Selbstkritik verfügen. Der Kalif Umar beispielsweise repräsentiert den Islam. Während er am Minbar [auf der Kanzel] eine Rede hält, bringt eine Frau einen Einwand vor: „Was du sagst, ist falsch. So muss es heißen..."

Ein anderes Beispiel: Ein Kommandant in der Armee gibt an, das und das getan zu haben. Ein unbekannter Soldat widerspricht auf sein Schwert gelehnt: „Mein Kommandant, was Sie da sagen, ist aufrührerisch. Wenn Sie nicht rechtmäßig handeln, werden wir Ihnen das und das antun."

Gelehrte und Theologen haben islamische Themen so oft diskutiert und debattiert, dass diese Diskussionen unzählige Bücher füllen. Jeder von ihnen hat den anderen in islamischen Angelegenheiten kritisiert. Diese Kritik stieß auf ein gehöriges Maß an Toleranz. Ghazali z.B. verfasste einen Tahafut [eine Kritik an den Verirrungen der Philosophen]. Daraufhin wurden ihm von jemand anderem Einwände gemacht. Hätte es damals einen islamischen Staat gegeben, wären diese Menschen bestraft worden. So aber sagte niemand etwas. Der Mann lebte weiter. Es gib viele unterschiedliche Gedanken. "

Im Interview mit Nuriye Akman (23 März 2004)


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Osama Bin Ladens Terror auf der einen und Gülens Liebe, Dialog und Verständigung auf der anderen Seite?

Im Interview mit Mehmet Gündem, Milliyet (16 Januar 2005)

Wie ist es möglich, dass der Islam zwei so unterschiedliche Sichtweisen hervorbringt: Osama Bin Ladens Terror auf der einen und Gülens Liebe, Dialog und Verständigung auf der anderen Seite? Beide scheinen auf dem Fundament der Religion zu ruhen.

Bin Laden stammt aus einer großen Familie mit, ich glaube, fast 30 Brüdern und Schwestern. Diese Familie verfügt über eine so große ökonomische Macht, dass sie dem Staat sogar Geld leihen kann.
Auf der Pilgerfahrt traf ich ein Mitglied dieser Familie, einen frommen Menschen. Er erzählte mir, seine Familie habe Osama verstoßen. Dieser sei von den Amerikanern gegen die Russen benutzt worden, und schließlich sei ihm die Einreise nach Saudi Arabien verweigert worden.

Von welchem Jahr sprechen Sie?

Ich glaube, es war 1974. Damals zog er einige Aufmerksamkeit auf sich, da man im Kampf gegen die Russen auf ihn setzte. Ich allerdings habe mich nie zu ihm hingezogen gefühlt. Was dann folgte, ist bekannt. Wann immer der Name Bin Laden fällt, denkt man nun sofort an den ,Vater des Terrors'. Die Videobänder, die in unregelmäßigen Abständen veröffentlicht werden, zeigen ihn mit Bart, Turban und einer Waffe in der Hand. Dieses Bild scheint immer und immer wieder in Umlauf gebracht zu werden, um den Hass gegen die Muslime zu schüren.

Vielleicht sollte man noch hinzufügen, dass Bin Laden mit seinen Ideen wahrscheinlich nicht allein steht. Es wird auch noch andere geben, die seine Meinungen und Ziele teilen. Aus einem bestimmten Blickwinkel betrachtet kann man diese Hand voll Scheusale als Abfall des islamischen Establishments einer muslimischen Welt von insgesamt 1,5 Milliarden Menschen beschreiben, auch wenn man es vielleicht nicht ganz so drastisch ausdrücken sollte. Mit ihrem verbrecherischen Treiben verdunkeln sie das helle Antlitz des Islam und machen jenen Muslimen das Leben schwer, die Außenstehenden gern über den Islam berichten möchten. Dieser Terror ist inzwischen zu einer schweren Last auf dem Rücken jedes Einzelnen von ihnen geworden. Hätten wir all unsere Kräfte, die wir nun darauf verwenden müssen, uns von dieser Last zu befreien, der Aufgabe widmen können, den Menschen etwas über die Schönheiten des Islam zu erzählen, wäre es uns vielleicht gelungen, ihre Herzen zu gewinnen. Wenn sich Muslime heute jemandem vorstellen, müssen sie ihr Gegenüber zunächst einmal davon überzeugen, dass sie keine Terroristen, Radikale oder lebende Bomben sind.

Wie ist es möglich, dass eine einzige Quelle zwei so unterschiedliche Sichtweisen hervorbringt?

Bin Laden kann noch so häufig behaupten, dass er im Sinne von Koran und Sunna handelt. Wenn Gott mich als eines der unbedeutendsten Individuen unter den Muslimen als Verteidiger akzeptiert, dann möchte ich unterstreichen, dass wir uns auf bedeutende islamische Gelehrte berufen können und dass unsere Art zu denken mit der überwältigenden Mehrheit der Philosophen, Soziologen und Islamkenner auf einer Linie liegt.
Nimmt man die Erfahrungen unseres Propheten und der ersten vier Kalifen als Basis für den Islam, ist das Treiben Bin Ladens absolut nicht zu rechtfertigen. Das Wirken des Propheten lässt sich auf keinen Fall auf irgendeine Art und Weise auf das, was Bin Laden tut, übertragen. Betrachtet man die Schlachten des Propheten aus einer philosophischen Perspektive, zeigt sich, dass er lediglich seine Verträge schützte, indem er seine legitimen Rechte gegenüber jenen wahrnahm, die ihn für ihre eigenen Pläne einspannen wollten. Bei anderen Gelegenheiten ging er gegen jene vor, die Verrat an seinem System oder an seinen Verträgen übten. Das war durchaus nichts Außergewöhnliches; auch die Eroberung Mekkas wurde nach einem solchen Verrat vollzogen. Solche Maßnahmen werden auch in der Gegenwart von modernen Demokratien ergriffen, und auch die Vereinten Nationen sprechen sich nicht dagegen aus. Wenn nun einige kommen und sagen, sie seien in den Irak einmarschiert, um diesem die Demokratie zu bringen, dann können sie nicht gleichzeitig das Vorgehen des Propheten kritisieren.

Welchen Standpunkt vertritt Bin Laden?

Da das Handeln des Propheten maßgeblich ist, wird in diesem Punkt deutlich, dass Bin Laden sich offenbar nicht eingehend und umfassend mit dem Thema befasst hat. Er greift sich lediglich einige Abschnitte heraus, anstatt Koran, Sunna und das Verständnis der Salaf-i salihin [bedeutender Persönlichkeiten unter den Gefährten und ihre Anhänger] in ihrem Gesamtkontext zu analysieren. Dafür gibt es ein Beispiel, das häufig zitiert wird: Als die Armee der Muslime die Stadtmauern von Byzanz erreichte, mussten sich die muslimischen Soldaten gegen Steine, Pfeile und brennendes Öl, das von oben auf ihre Köpfe herab geschüttet wurde, erwehren. Da zitierten einige von ihnen den Vers Und stürzt euch nicht mit eigenen Händen ins Verderben [um so zu begründen, warum sie nicht als lebende Zielscheiben dienen wollten]. Als Abu Ayyub al-Ansari (Khalid ibn Zayd) dies hörte, schritt er ein: „Das habt ihr falsch verstanden. Dieser Vers wurde offenbart, um uns zu warnen. Er bedeutet: ,Gebt euren Besitz und euer Leben für die Sache Gottes dahin. Wenn ihr dies nicht tut, werdet ihr euch mit eigenen Händen ins Verderben stürzen.' Damit korrigierte er ihre Fehlinterpretation. Das bedeutet z.B. auch, dass man eine ganze Nation ins Verderben stürzen kann, wenn man sein Leben im Dardanellenkrieg oder im Krieg der Unabhängigkeit [gemeint ist der Unabhängigkeitskrieg des türkischen Volkes] nicht aufs Spiel setzt.

Auch der Vers Tötet die Ungläubigen, wo auch immer ihr auf sie stoßt (2:192) wird von Bin Laden und anderen wörtlich genommen und aus dem Zusammenhang gerissen - ohne Berücksichtigung dessen, was vor oder nach diesem Vers geschrieben steht. Dadurch kommt es zwangsläufig zu Fehlinterpretationen. Dieser Vers besagt nämlich in Wirklichkeit: „Bestraft diejenigen, die euch zunächst akzeptiert und sich euch angeschlossen haben und die sich dann gegen euer Volk gewandt und es mit böser Absicht hintergangen haben. Jeder Staat schützt sich gegen solche Art von Verrat und zieht die Verräter zur Verantwortung. Im Anschluss an diesen Vers heißt es sinngemäß weiter: „Wenn sie umkehren, wieder ihre Gebete sprechen, im Ramadan fasten und auf ihre ursprünglichen Pfade zurückkehren, lasst sie frei!" Die Interpretationen Bin Ladens und anderer sind Produkt einer Methodik, die einzelne Wörter aus dem Zusammenhang reißt.

Gehen Sie davon aus, dass es sich hier um ein rein methodisches Problem handelt?

Ja, die Herangehensweise dieser Leute ist tendenziös. Wenn jemand es versäumt, zu allererst auf den Stolz der Menschheit [den Propheten Muhammad], auf den Koran und auf die Sunna zu schauen, und stattdessen sein eigenes primitives und hartherziges Handeln zum Maßstab nimmt, dann beschädigt er auf diese Weise das Bild der Muslime in der Weltöffentlichkeit. Er tut damit ganz bestimmt nichts Gutes, sondern begeht eine Sünde. Derzeit weiß man nicht, ob Bin Laden schon tot ist oder noch am Leben. Ich hoffe, er ist tot, damit die Muslime Ruhe vor seinem gestörten Geist finden.

Was sagen Sie zu den Entführungsfällen und den Enthauptungen im Irak? Welche Position bezieht die Religion gegenüber diesen Vorfällen, von denen es heißt, sie würden im Namen des Islam durchgeführt?

Zunächst einmal betrachtet die Rechtsprechung die Menschen, die [im Irak] gekidnappt wurden, nicht als Gefangene, sondern als Geiseln, von denen die meisten getötet wurden. Wenn solche Verbrechen dort von Muslimen begangen werden, dann handelt es sich dabei um Morde, die hinter dem Namen des Islam versteckt werden.
Ein wichtiges koranisches Gebot lautet: „Niemand darf für das Verbrechen eines anderen Menschen bestraft werden." Wenn diese Morde eine Reaktion auf das Eindringen einer fremden Macht darstellen sollen, dann hätte man zur rechten Zeit einen couragierten Unabhängigkeitskrieg beginnen müssen.
Beim Einmarsch der USA hätte man die Heere und die Divisionen, mit denen man zuvor so geprahlt hatte, mobilisieren müssen. Man hätte selbst das Risiko unterzugehen in Kauf nehmen müssen, so wie seinerzeit das türkische Volk in den Dardanellen und auf dem Balkan tat. Vielleicht wären die Hälfte der Menschen gestorben, wie einst die türkischen Soldaten in den Dardanellen starben, aber zumindest hätten die Überlebenden ein freies Land repräsentieren können. Nun unschuldige Menschen gefangen zu nehmen und zu töten, um die Amerikaner dazu zu bringen, sich zurückzuziehen, ist inakzeptabel. Man hätte kämpfen sollten, als die Zeit reif war.

Auf diesem Weg erreicht man gar nichts. Es gibt jedoch noch einen weiteren Aspekt dieses Themas. Wenn diese Morde von bestimmten (Geheimdienst-) Organisationen begangen wurden, dann deshalb, um für weitere Spannungen zu sorgen. Zum Beispiel ging es ihnen wohl auch darum, türkische Geschäftsleute aus der Region fern zu halten. [Anmerkung des Übersetzers: In der letzten Zeit wurden viele türkische Geschäftsleute und LKW-Fahrer entführt.] Die gewalttätigen Übergriffe auf das Wachpersonal der Botschaften sind unverzeihlich. Es ist unübersehbar, dass bestimmte Kreise für Chaos sorgen wollen. Ich glaube nicht eine Sekunde lang, dass ein Muslim, der wirklich an Gott glaubt, diese Taten begangen haben kann. Diese Leute müssen verrückt geworden sein.

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Montag, 2. Mai 2011

Abant-Konferenz: Neue Verfassung soll nicht durch möglichen Systemwechsel behindert werden

Die Türkei braucht eine neue demokratischere Verfassung, da ist sich die Abant-Konferenz einig. Diese tagte am vergangenen Wochenende, um die Schaffung einer neuen Verfassung zu diskutieren. Ein möglicher Systemwechsel dürfe diesem Prozess nicht im Wege stehen. 

Nach zweitägigen intensiven Beratungen in der nordwestlichen Provinz Bolu hat die Abant-Konferenz die Schaffung einer neuen demokratischen Verfassung in der Türkei diskutiert, die den Wahlen am 12. Juni folgen soll. Der Vorbereitungsprozess der neuen Verfassung soll nicht durch die Debatten über einen möglichen Systemwechsel in der Türkei blockiert werden.

Die Abant-Konferenz die regelmäßig zusammenkommt, um die dringendsten Belange der Türkei und der restlichen Welt zu diskutieren, setzt sich aus Mitgliedern aus allen Gesellschaftsschichten zusammen. Die 23. Konferenz tagte am Wochenende im Abant Palast Hotel unter dem Motto “Neue Verfassung, neue Bedingungen”.

Mehr als 100 prominente Intellektuelle, Akademiker und Journalisten waren anwesend, um die Schaffung einer neuen Verfassung, die grundlegende Philosophie dieser und den Weg zu ihrer Vorbereitung zu debattieren. Auch Problemfelder im politischen System der Türkei und in anderen Verfassungen weltweit wurden angesprochen.
Grundlegende Rechte und Freiheiten sollten im Zentrum des Vorbereitungsprozesses stehen, so die vorherrschende Meinung. Die politischen Parteien, die für die Wahlen antreten, versprechen alle die Einführung einer neuen Verfassung, die demokratischer und freier sein –  und zudem auf die Hauptprobleme des Landes eingehen soll. Die alte Verfassung von 1982 müsse so schnell wie möglich abgeschafft und durch die neue ersetzt werden, so das Ergebnis der Abant-Konferenz. Der Konsens der verschiedenen Parteien eine neue Verfassung zu schaffen, wurde von er Konferenz als positiv gewertet.

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Muslime gemeinsam gegen Terror

Nach der Liquidierung des Al Quaida-Chefs Osama Bin Laden geht die Debatte um die Motivation von Terrorattentätern weiter. Die am letzten Freitag festgenommenen mutmaßlichen Al Qaida-Terroristen wollten laut BKA konkret einen Sprengstoffanschlag in Deutschland vorbereiten. Was brachte diese jungen Menschen dazu?  



Trotz der zu erwartenden nagativen Reaktionen von Fundamentalisten auf die Tötung Osama bin Ladens sollten sich die besonnenen Muslime sammeln und auf einen nachhaltigen Kampf gegen den weltweiten Terrorismus drängen. Der Tod des Al Quaida-Chefs bietet eine gute Gelenheit dazu, dass Terrorpaten wie er ein für allemal der Geschichte angehören.

Erlaubt der Islam Attacken, deren Ziel nicht klar definiert sind?

In den Medien werden die Begriffe Islam und Terror sehr oft in einem Atemzug genannt. Ausdrücke wie “muslimische Terroristen” sind inzwischen weit verbreitet. Verdient es der Islam, wie fast keine andere Religion mit Gewalt und Terror in Verbindung gebracht zu werden? Liefert der Islam Argumente für den Einsatz von Terror? Billigen die grundlegenden Quellen des Islam und die Traditionen der muslimischen Gesellschaften Terrorakte? Sind Terrorakte Gegenstand des Dschihad? Erlaubt der Islam Attacken, deren Ziel nicht klar definiert sind und bei denen auch nicht klar ist, wer auf grausame Art und Weise ums Leben kommen wird?
Die Antworten des Islam sind eindeutig: Terror ist ein Verbrechen gegen die Menschheit. Religion und Terror sind zwei Konzepte, die sich niemals in Einklang miteinander bringen lassen. Wie alle Religionen lehnt auch der Islam den Terror ganz strikt und eindeutig ab. Er verabscheut ihn sogar. Denn in jedem Terrorakt sind dem Islam nach insgesamt fünf Verbrechen involviert: Verbrechen gegen den Schöpfer, gegen die Menschheit als Ganzes, gegen die Individuen, die geschädigt werden, gegen den Täter und gegen die Gemeinschaft, der er an angehört. Die Terrorakte, die in der jüngeren Vergangenheit begangen wurden und die verübten Selbstmordattentate werden vom Islam geächtet. Kein Mensch hat das Recht, so zu handeln, wie die Terroristen es tun, warum auch immer! Jeder, der so etwas dennoch tut, hat andere Motivationsgründe und definitiv ein falsches Verständnis vom Islam. Es gibt keine einzige Situation, in der da eine Ausnahme gemacht werden darf. Auch der Dschihad, also die Anstrengung für die Sache Gottes, erlaubt keinen Terror. Die Tatsache, dass das Dschihad-Konzept bei Terrorakten immer wieder Erwähnung findet und sich diese Terrorakte in der islamischen Welt zunehmender Verbreitung erfreuen, liegt an einer Fehlinterpretation der Ziele des Islam und an der Vermischung von politischen und religiösen Konzepten.

Der Koran verlangt den Schutz menschlichen Lebens

Ob Mann oder Frau, alt oder jung, schwarz oder weiß. Alle Menschen sind verehrungswürdig, unverletzlich und geschützt. Der Islam betrachtet das menschliche Leben als das wertvollste Gut. Viele Koranverse und Beispiele aus dem Leben des Propheten verlangen den Schutz menschlichen Lebens, egal ob Muslim oder nicht. Menschen dürfen nicht von Haus und Hof vertrieben und ihrer Freiheit beraubt werden. Auch das Recht auf freie Religionsausübung darf niemandem genommen werden. Da im Islam der Wert jedes Individuums als genauso hoch erachtet wird wie der Wert aller Menschen, gilt das Töten eines einzigen Menschen als genauso grausam wie die Ermordung der gesamten Menschheit. Umgekehrt gilt die Rettung eines Menschen als die Errettung der gesamten Menschheit (Surah 5:32). Wer diese Regeln bricht, ist immer im Unrecht.

Terror hat keine Religion

Es ist eine traurige Tatsache, dass die ganze Welt zurzeit eine Phase durchläuft, in der Terrorakte die allgemeine Sicherheit bedrohen. Leider oft durch Menschen, die sich als Muslime bezeichnen. Doch Terror hat keine Religion. Muslime sollten wie der muslimische Gelehrte Fethullah Gülen nahelegt, ganz deutlich sagen, dass ein Terrorist niemals Muslim und ein Muslim niemals Terrorist sein kann. Sie sollten sich noch heftiger gegen Terroranschläge aussprechen und sie ausdrücklich verurteilen.

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